Bingen-Büdesheim - Pos. 1
Stolpersteine für Felix und Delphine Bermann geb. Wenndel und Amalie Bermann geb. Feist in Bingen-Büdesheim, Burgstraße 8
ext: Beate Goetz
Amalie Bermann wurde am 3. September 1853 in Büdesheim als Tochter des Handelsmanns Jakob Feist und seiner Frau Rosa, geborene Abraham, geboren. Am 25. Mai 1881 heiratete sie den Kaufmann Martin Bermann, der am 3. Oktober 1846 in Zell an der Mosel zur Welt gekommen war. Die Hochzeit fand in Büdesheim statt. Aus der Ehe gingen drei Kinder hervor: Karl, Felix und Berta. Karl fiel im Ersten Weltkrieg bei Verdun, Ehefrau Hedwig, geborene Drucker, ging mit Tochter Martha nach Mainz. Hedwig Bermann wurde ein Opfer des Holocaust, Tochter Martha wanderte in die USA aus.
Auch Berta Bermann überlebte mit ihrem Mann Abraham Drucker und Tochter Ruth den Holocaust nicht. Die Söhne Karl und Martin flohen ins Ausland; sie blieben ledig. Martin fiel im Zweiten Weltkrieg, Karl lebte 2007 in einem Seniorenheim in Köln.
Martin Bermann, der Ehemann von Amalie Bermann, starb am 21. November 1908 in Büdesheim und ruht auf dem Jüdischen Friedhof in Bingen. Amalie Bermann wurde am 27. September 1942 nach Theresienstadt deportiert, wo sie am 17. November 1942 starb.
Felix, das dritte der Kinder von Martin und Amalie Bermann, am 25. August 1884 in Büdesheim geboren, war zweimal verheiratet: in erster Ehe mit Nella Rothschild aus Basel. Aus dieser Verbindung stammen die Töchter Alice, am 14. Mai 1912, und Nelly, am 7. Oktober 1913 geboren. Zwei Tage nach der Geburt von Tochter Nelly starb Nella Bermann im Alter von 28 Jahren; sie ist in Bingen beerdigt.
Der Kaufmann Felix Bermann, der in der damaligen Rathausstraße 8, heute Burgstraße, eine Schnapsbrennerei betrieb, war Soldat im Ersten Weltkrieg. Wegen seiner starken Kurzsichtigkeit in verschiedenen Ersatzbataillons eingesetzt, wurde ihm das Ehrenzeichen als Kriegsteilnehmer verliehen. Eigentlich sollte Felix Bermann studieren; nachdem der ältere Bruder Karl gefallen war, übernahm er den väterlichen Betrieb.
Am 8. März 1916 heiratete Felix Bermann in zweiter Ehe in Bausendorf (Kreis Wittlich) Delphine Wendel, die dort am 8. Dezember 1884 als Tochter des Handelsmanns Abraham Wendel und seiner Frau Rosetta, geborene Levi, geboren worden war. Am 22. April 1917 kam Sohn Karl Martin, am 21. Oktober 1918 Tochter Herta in Büdesheim zur Welt. Rivka Raviv geb. Herta Bermann schrieb im November 2008 aus Tel Aviv: "Meine Eltern waren deutsche Patrioten, besonders meine Mutter. (...) Doch Anfang der Nazizeit ging es uns finanziell schon sehr schlecht. Meine Eltern hatten in der Inflation alles verloren, und dazu kam dann der Nazi-Boykott gegen jüdische Unternehmen."
Herta Bermann besuchte mit ihren Schwestern das Lyzeum in der Rochusstraße. "Ich habe dort noch mein `Einjähriges` (Anmerkung: etwa vergleichbar mit dem heutigen Realschulabschluss) gemacht, als die Nazis schon am Ruder waren und musste noch `Rassenlehre` lernen" - eine Ironie des Schicksals.
Schwester Alice arbeitete als OP-Schwester im jüdischen Krankenhaus in Frankfurt. Sie wanderte im April 1939 nach England aus und heiratete Horst Rychwalski; die Ehe blieb kinderlos. Sie starb im Juni 1999 in London. Nelly Bermann starb im Juli 1992 als Nelly Katz in Ashdod, Israel. Sie hatte Kinder und Enkel.
Karl Martin Bermann, ein begeisterter Turner, floh im Februar 1938 nach Palästina. Als gelernter Schlosser half er mit beim Aufbau des Landes, so zum Beispiel an der Errichtung der Wasserleitung in Negev. Er starb im Januar 2004 in Tel Aviv, kurz nachdem er mit seiner Frau Sima Diamantene Hochzeit feiern konnte. Das Ehepaar hatte eine Tochter und einen Sohn und Enkel.
Herta Bermann kam 1936 mit der Jugend-Alijah nach Palästina. Sie war verheiratet mit David Raviv, der als Vertreter des israelischen Verteidigungsministeriums von 1953 bis 59 in Köln am Wiedergutmachungsverfahren beteiligt war. Das Ehepaar hatte eine Tochter, zwei Enkelsöhne und eine Urenkelin. Die Deportation ihrer Eltern am 20. März 1942 nach Piaski-Lublin erfüllte Frau Raviv bis zu ihrem Tod mit großer Trauer. Sie starb am 5. Februar 2011 in Tel Aviv.
Die Stolpersteine für Familie Bermann wurden von Ingeborg Barker und weiteren Binger Bürgern finanziert. Die Steine wurden in der Büdesheimer Burgstraße 8 verlegt.