Bingen - Pos. 27
Stolpersteine für Adolf, Selma geb. Fink und Herbert Rosenstock in der Rochusstraße 3
Text: Beate Goetz
Der Weinhändler Adolf Rosenstock wurde am 15. Februar 1883 in Laudenbach Kreis Mergentheim als Sohn der Eheleute Isaak und Bertha Rosenstock geboren. Im April 1912 kam er aus Kitzingen nach Bingen und wohnte in der Rochusstraße 3, im Haus von Fritz Wittich. 1925 konnte er das Anwesen erwerben. Am 2. März 1920 heiratete Adolf Rosenstock in Höchberg bei Würzburg Selma Fink, die am 13. August 1894 in Oberlauringen, Unterfranken als Tochter von Bernhard und Fanny Fink zur Welt kam.
Als Geschwister gibt Adolf Rosenstock in seiner Familienliste Selma Bravmann in Höchberg bei Würzburg und Ludwig Fink an, der 1915 bei Ypern in Flandern gefallen war. Beide Elternpaare waren im März 1940 schon verstorben. Sohn Herbert Julius wurde am 30. Juli 1928 in Mainz geboren.
Adolf Rosenstock war vom 2. August 1914 bis November 1918 Soldat im Ersten Weltkrieg und kämpfte in Frankreich, wo er verwundet wurde. Er wurde mit dem Eisernen Kreuz Zweiter Klasse, dem Verwundetenabzeichen und dem Ehrenkreuz für Frontkämpfer ausgezeichnet. Er gehörte der Reichsvereinigung der Juden in Deutschland und der liberalen Jüdischen Religionsgemeinde in Bingen an.
In der Rubrik „Vermögens- und Einkommensverhältnisse“ seiner Familienliste gibt Adolf Rosenstock ein Hausgrundstück mit Mietshaus in der Rochusstraße 3 und Kapitalerträge aus Wertpapieren an. Ein ehemaliger Binger Jude erinnerte sich, dass Adolf Rosenstock einer von zwei Binger Bürgern war, die die kompletten Deutschlandsammlungen an Briefmarken besaßen. Besonders begehrt und bewundert unter den Sammlern waren Marken von Thurn und Taxis, alte Marken aus Bayern und Sachsen und von den ehemaligen deutschen Kolonien.
Das Haus der Familie wurde ab 1939 als „Judenhaus“ deklariert, in das viele andere jüdische Bürger zwangseingewiesen wurden. Man wohnte in diesen Häusern auf engstem Raum zusammen, was von den meisten Bewohnern als sehr demütigend empfunden wurde. Nach den Deportationen von 1942 fiel das Anwesen an die Reichsfinanzverwaltung, 1954 wurde es von der Jennis & Trust Corporation for Germany, Ltd. in London übernommen. Ab 1955 ging es wieder in Privatbesitz über.
Obwohl Adolf Rosenstock für die Einwanderung in die USA zwei hohe Bürgschaften beim Konsulat in Stuttgart vorliegen hatte und die „Vorladung zwecks Visenerteilung“ noch 1940 mit jedem Tag erwartete, wurde die Familie am 20. März 1942 mit den Transportnummern 517, 518 und 519 nach Piaski bei Lublin in Polen deportiert und in Auschwitz ermordet.
Der Stolperstein für Adolf Rosenstock wird von der CDU-Fraktion Bingen finanziert, der Stein für Selma Rosenstock von Elke und Karl-Josef Bork aus Bingen. Ein Bürger einer umliegenden Gemeinde erinnert mit seinem Stein an den Sohn Herbert Rosenstock.