Bingen - Pos. 35
Srolpersteine für David und Jenny Friedmann in der Salzstraße 7-9
Text: Beate Goetz
BINGEN. Der Kaufmann David Friedmann stammte aus Frankenwinheim in Mainfranken. Er kam am 21. September 1880 als Sohn des Viehhändlers Simson Friedmann und seiner Frau Regina geborene Bamberger zur Welt. Am 18. April 1920 heiratete er in Bingen Jenny Sommer, die am 18. August 1888 in Steg, Kreis St. Goar, geboren wurde. Ihre Eltern waren Hermann und Karoline Sommer, geborene Hecht.
Die Ehe von David und Jenny Friedmann blieb kinderlos. Das Paar wohnte in der Salzstraße 9 im eigenen Haus, wo David Friedmann mit dem Bruder seiner Frau, Sally Sommer, mit Manufakturwaren handelte. Nach dem Tod des Vaters in Steeg nahm Jenny Friedmann ihre Mutter zu sich nach Bingen.
Im Ersten Weltkrieg gekämpft und ausgezeichnet
David Friedmanns Geschwister Max, Emilie und Lina waren 1940 schon nach Nordamerika geflohen, Schwester Bertha bereits verstorben. Schwester Klara Güthermann lebte in Archshofen, Main-Tauber-Kreis; sie wurde ein Opfer des Holocaust. Schwester Fanhi Rosenthal war in Fischbach verheiratet.
Zwei Brüder Jenny Friedmanns fielen im Ersten Weltkrieg: Bruder Hugo am 21. November 1915 bei Reims, Bruder Berthold am 7. Mai 1918 bei Laon. Ludwig Sommer lebte 1940 in Hamburg, Siegfried Sommer war emigriert. Auch Sally Sommer war Soldat im Ersten Weltkrieg, wurde verwundet und mit dem Ehrenkreuz für Frontkämpfer, ausgezeichnet. An ihn, seine Frau Ida geborene Blumenthal, und die beiden Söhne Erwin und Heinz erinnern seit 2013 in der Gaustraße 14 vier Stolpersteine; Tochter Ellen hat überlebt.
Nach Aussage von Rose Widom-Goldman wurde ihre Cousine von Frankfurt aus mit einem Kindertransport nach England geschickt, wo sie bis nach dem Krieg gelebt und gearbeitet habe. Erst dann sei sie nach Nordamerika gekommen und habe mit Hans Leeser, der auch aus Nazi-Deutschland geflohen war, eine Familie gegründet. Das Paar habe mit den Söhnen Ronald und Kenneth in San Francisco gelebt, wo Ellen Leeser 2005 starb.
Im Sommer 2017 kam Ron Leeser mit seiner Frau Gail zur Spurensuche nach Bingen. Er brachte einige Korrekturen zur Aussage von Rose Widom Goldman an: Seine Mutter sei als 19-Jährige von Berlin nach Moskau geflohen, per Zug durch Russland gereist und habe Korea und Japan durchquert. Von Japan ging es per Schiff nach Hawaii, bis sie schließlich San Francisco in Kalifornien erreicht habe, wo sie lebte und arbeitete und 2003 starb.
David Friedmann gehörte im Ersten Weltkrieg dem Reserve-Fußartillerie-Regiment Nr. 3 an und erhielt das Ehrenkreuz für Frontkämpfer. In seinem Familienfragebogen vom März 1940 schreibt er, er sei von den Geschwistern in den USA angefordert und erwarte in. Kürze die Auswanderungsmöglichkeit. In der Rubrik „Vermögens- und Eigentumsverhältnisse" notiert er: „Kleines Restkapital auf Sicherungskonto". Im November 1939 mussten David und Jenny Friedmann zusammen mit Jennys Mutter Karoline Sommer in ein sogen. „Judenhaus" in der Schmittstraße 47 umziehen. Am 20. März 1942 wurde das Ehepaar mit den Transportnummern 475 und 476 nach Piaski in Polen verschleppt, sie überlebten den Holocaust nicht. Karoline Sommer starb am 5. Mai 1942, sonst hätte auch sie auf der Deportationsliste in das Getto Theresienstadt vom 27. September 1942 gestanden.
Der Stolperstein für David Friedmann wird von Dr. Hartmut Holz, Oberheimbach, finanziert. An Jenny Friedmann erinnert mit dem zweiten Stein ein Binger Bürger.