Bingen - Pos. 34

Stolpersteine für Arthur und Maya Hecht in der Schloßbergstraße 26

Text Beate Goetz

BINGEN. Schon 2008 hatte Maria Hurwitz geborene Hecht aus den USA Kontakt mit dem Arbeitürieis Jüdisches Bingen aufgenommen. Sie schrieb, sie sei die Enkelin von Arthur und Maya Hecht geborene Pfifferling und Urenkelin von Salomon und Klan Pfifferling; Sie suche nach einer Möglichkeit, mehr über ihre Vorfahren während der Binger Zeit herauszufinden. Vielleicht könne sich ja jemand an ihre Großeltern und Urgroßeltern erinnern, die in der Schloßbergstraße mit der damaligen Nummer 14, heute 26, gewohnt hätten. Eine Nachfrage des Arbeitskreises bei den ehemaligen Bingern jüdischen Glaubens brachte eine einzige Rückmeldung: Die inzwischen verstorbene Lore Mayer Odenheimer aus San Mateo in Kalifornien, die auch in der Schloßbergstraße aufgewachsen war, konnte sich zwar an die Familie erinnern, aber keine neuen Erkenntnisse liefern. Der Kaufmann Arthur Hecht wurde am I. September 1892 als Sohn des Kaufmanns Hermann -Hecht und seiner Ehefrau Goldine geborene Stem in St. Goarshausen geboren. Am 25. Februar 1921 fand in Bingen die Hochzeit mit Marie (genannt Maya) Pfifferling statt, die am 28. Juli 1900 in Bingen zur Welt kam. Ihre Eltern waren der Kaufmann Salomon Pfifferling (28. Januar 1868 in Rihna Kreis Hünfeld) und seine Frau Klara geborene Strauß (27. August 1878 in Hildburghausen, Thüringen). Familie Pfifferling handelte mit Fellen, der Schwiegersohn wurde eingetragener Partner. Drei Kinder wurden geboren: Sohn Hermann am 11. April 1923, Tochter Henriette am 20. Juli 1926 und Sohn Siegfried am 17. Mai 1934. Im Januar 1937 zog die ganze Familie nach Frankfurt um in den Reuterweg 80. Auch die Großeltern Salomon und Klara Pfifferling verließen Bingen und lebten fortan bei der Tochter und ihrer Familie in Frankfurt, wo beide Eheleute noch vor den Frankfurter Deportationen starben. Hermann Hecht gelangte im Juli 1939 mit einem Kindertransport nach England, wo er blieb und 1985 starb. Henriette und Siegfried Hecht wurden als „unbegleitete Minderjährige" in die USA geschickt. Im Dezember 1940 verließen üe mir dein Dampfschiff Serpa Pinte Portugal und erreichten im Januar 1941 New York. Siegfried (Fred) Helft, Marias Vater, war erst sechs Jahre.alt. Er starb 2004, seine Schwester Henny, wie sie sich in Amerika nannte, lebt 91-jährig im Staat New York. Arthur. Hecht wurde am 12. November 1938 durch die Staatspolizei Frankfurt am Main als sogenannter „Aktionsjude" mit der Häftlingsnummer 24986 in das Konzentrationslager, auf Nazideutsch „Schutzhaftlager", Buchenwald bei Weimar eingeliefert. Diese Aktion, bei der nach den Pogromen vom 9. und 10. November 1938 Tausende jüdische Männer M die Konzentrationslager von Sachsenhausen, Dachau und Buchenwald verschleppt wurden, sollte den Auswanderungsdruck verstärken und letztlich die Arisierung jüdischen Besitzes beschleunigen.

In einem Schreiben des 1. Schutzhaftlagerführers in Buchenwald an die Kommandantur des Konzentrationslagers vom 24. Dezember 1938 wird mitgeteilt, dass der Aktionsjude Arthur Hecht am selben Tag um 12,10 Uhr im Häftlingslager verstorben sei. Als Todesursache wird Lungenödem bei linksseitiger Lungenentzündung angegeben.

Maya Marie Hecht, die in den Listen als Hilfsarbeiterin geführt wird, zuletzt wohnhaft in der Kronberger Straße 10 in Frankfurt, wurde am 11. Juni 1942 vom Sammellager Großmarkthalle aus in das Vernichtungslager Sobibor verschleppt und ermordet.

Der Stolperstein für Arthur Hecht wird von Dr. Florian und Anne Lamke finanziert. Die Kosten für Maya Hechts Gedenkstein setzen sich zusammen aus Teilbeträgen, die im Rahmen des Schuljubiläums

des Stefan-George-Gymnasiums 2014 für das Stolperstein-Projekt beim Arbeitskreis Jüdisches Bingen eingegangen sind. Egon Goldschmidt, damals noch Lehrer an der Schule, hatte zu dieser Spendenaktion aufgerufen. Maria H. Hurwitz sei Dank für die Dokumente ihren Großvater betreffend, die sie zur Verfügung gestellt hat.

Salomon und Klara Pfifferling mit Arthur Hecht (rechts)